JRZ – Moralische Gratwanderung

Wer wie ich regelmässig DRS3 hört, wird in diesen Tagen von einem Medien-Hype der Sonderklasse praktisch erschlagen.

Tausende von Einzelpersonen, Vereinen, Institutionen etc. bringen ihr gesammeltes oder erspartes Geld zu einem Glascontainer auf dem Europaplatz zur Unterstützung von „Mütter in Not“.

Eigentlich ist dies ja vordergründig eine Supersache, irgendwie hat mich im Bauchgefühl aber schon immer etwas daran gestört, und so erlaube ich mir hier einige Gedanken dazu festzuhalten.

Zum Voraus schon mal: Im Grunde ist ja jede Kritik an diesem Spektakel unmoralisch, man wird sofort als Spielverderber abgeschossen…..

  • Das Ganze erinnert im Aufbau stark an eine Casting-Show. Eigentlich geht es nicht darum, wer wieviel für was spendet, sondern einmal mehr um ein paar Sekunden Öffentlichkeit. Für mindestens 10.- kann ich mir ein Lied wünschen und Sätze wie „ich liebe den FCL“ vor tausenden Zuhörern oder Zuschauern los werden.
  • Die Produktion dient in erster Linie dem Schweizer Radio. Es ist eine unglaubliche Werbeplattform in eigener Sache. Alleine mit den Werbeeinnahmen werden Millionen verdient. Im Verhältnis zu dieser nie veröffentlichten Zahl, würde der gesammelte Betrag wahrscheinlich mickrig wirken….
  • Eine grosse Zahl von sehr seriösen Institutionen, welche sich seit Jahren für Menschen in Not einsetzen, spüren diese neue Konkurrenz massiv. Das Geld, welches für JRZ gespendet wird, fehlt zwangsläufig an anderer Stelle.

Muss denn jede Spende von der halben Schweiz vernommen werden?

Müssen wir unsern Kindern vorleben, dass Wohltätigkeit nur zählt, wenn sie öffentlich ist?

Zum Schluss noch zwei persönliche Spitzenreiter der letzten Tage:

  • Eine Kinderkrippe sammelt 6’000.- und bringt diese zum Glascontainer. Nach zwei Stunden Anstehen mit den kleinen Kindern im strömenden Regen, werfen sie das gesammelte Geld kommentarlos in die Box. Für die Crew hatte das Interview mit einem bekannten Schwinger höhere Priorität. – Übrigens hätte eine Kinderkrippe nicht genügend eigene Mütter in Not in ihrem Umfeld?
  • Und der Oberhammer gestern Nachmittag: Francine Jordi und Florian Ast spenden jedes Mal 50.-, wenn bis Weihnachten ein Song ihrer neuen CD auf DRS3 gespielt wird. Billiger kommen Sie ganz sicher nicht zu Werbung…….

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