Schnelle E-Bikes

Seit gut einem Jahr geniesse ich die Freiheit auf meinem Ibex Elektro-Velo.
In dieser Zeit habe ich festgestellt, dass viele E-Bike-Fahrer die Gesetzgebung nur begrenzt kennen. Deshalb habe ich folgende Anfrage im Kantonsrat platziert und freue mich heute die kompetenten Antworten der Fachleute zu präsentieren.

Elektrisch unterstützte Fahrräder durchlaufen seit einigen Jahren einen unglaublichen Boom. Mit 111 000 Stück wurden im vergangenen Jahr in der Schweiz so viele E-Bikes verkauft wie noch nie. Der Zuwachs betrug 27 Prozent. Die Anzahl Elektrovelos, die eine Geschwindigkeit bis 45 km/h erreichen, steigt weiter an. Das schafft vor allem innerorts Konflikte auf Fuss- und Velowegen.

Immer öfters geraten E-Bikes in 30er-Zonen in Radarkontrollen. Die Anzahl der Übertretungen ist gemäss Aussage von Polizisten überschaubar, die individuelle Wahrnehmung der Geschwindigkeit bei anderen Verkehrsteilnehmern ist jedoch sehr unterschiedlich. Eine Übertretung der Geschwindigkeit kann nicht mit einer einfachen Ordnungsbusse belegt werden. Sie kann aber je nach Situation trotzdem strafrechtliche Konsequenzen haben.

Gleichzeitig gibt es in der Bevölkerung weitere Unklarheiten in der aktuellen Gesetzgebung. Aus diesem Grund folgende Fragen zur Klärung:

Zu Frage 1: Gilt das rot umrandete, dreigeteilte Verbotsschild (für Autos, Motorräder und Motorfahrräder) auch für E-Bikes bis 45 km/h?

Das Vorschriftssignal 2.14 (Verbot für Motorwagen, Motorräder und Motorfahrräder) ist in Artikel 19 Absatz 1 c der Signalisationsverordnung (SSV, SR 741.21) geregelt. Mit einem schnellen E-Bike darf eine entsprechend signalisierte Strasse nicht befahren werden. Gestattet ist die Durchfahrt jedoch, sofern der elektrische Antrieb ausgeschaltet wurde.

Zu Frage 2: Müssen E-Bikes bis 45 km/h zwingend den Radweg benutzen?

Ja, schnelle E-Bikes sind Motorfahrrädern (Mofas) gleichgestellt. Art. 33 Abs. 1 SSV schreibt die Nutzung von Radwegen obligatorisch vor. Weiter bestimmt Art. 42 Abs. 4 der Verkehrsregelnverordnung (VRV, SR 741.11), dass die Führer von Motorfahrrädern generell die Vorschriften für Radfahrer zu beachten haben. Demzufolge müssen also auch schnelle E-Bikes obligatorisch Radwege benutzen.

Zu Frage 3: Was ist die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf Radwegen?

Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf einem Radweg ist nur indirekt geregelt. Es kommen die Grundartikel, Art. 26 und Art. 31 des Strassenverkehrsgesetzes (SVG, SR 741.01), zum Tragen. Alle Verkehrsteilnehmer müssen sich im Verkehr so verhalten, dass sie andere Personen weder behindern noch gefährden. Besondere Vorsicht gilt gegenüber Kindern, gebrechlichen und alten Leuten; ebenso ist Vorsicht geboten, wenn Anzeichen dafür bestehen, dass sich eine Strassenbenützerin oder ein Strassenbenützer nicht richtig verhalten wird. Zudem müssen die Fahrzeugführerin oder der Fahrzeugführer ihr Fahrzeug – das gilt gleichermassen auch für Velos und E-Bikes – jederzeit so beherrschen, dass sie ihren Vorsichtspflichten nachkommen können. Für Fahrräder, langsame oder schnelle E-Bikes sowie für Mofas besteht keine gesetzliche Pflicht, diese mit einem Tachometer auszurüsten.

Zu Frage 4: Welches Bussenverfahren kommt bei Tempoübertretungen von E-Bikes zum Zug?

Generell gesprochen sind Geschwindigkeitsübertretungen in besonderen Verkehrszonen (30-er Zone oder Begegnungszone 20 km/h) mit Ordnungsbusse oder Verzeigung belegt. In der Praxis müsste der fehlbare Lenker unmittelbar nach dem Feststellen eines Verstosses angehalten werden können. Da gleich wie bei den langsameren Fahrrädern oder Rennvelos auch für diese Fahrzeugkategorie keine Tachopflicht besteht, erweisen sich Sanktionen als heikel. Kommt jemand zu Fall oder wird jemand in einen Verkehrsunfall verwickelt, geht es primär um die Frage, ob das Fahrzeug nach den Regeln des Strassenverkehrsrechtes beherrscht wurde und ob die Verkehrsregeln nach geltendem Recht eingehalten wurden. Zu einer Anzeige an die Staatsanwaltschaft kommt es, wenn ein Tatbestand nach Art. 26 oder Art. 31 SVG (vgl. Antwort zu Frage 3) erfüllt ist.

Zu Frage 5: Gibt es auf eidgenössischer Ebene Bestrebungen, die aktuelle Gesetzgebung den neuen Verkehrsteilnehmern anzupassen?

E-Bikes und E-Trottis sind im Trend. Letztere erleben im Moment einen Boom. Dennoch: Zahlreiche E-Trottis sind nicht strassenverkehrstauglich. Weiter wird eine Vielzahl von elektrischen Trendfahrzeugen (vgl. Ratgeber des Touring Clubs der Schweiz TCS) wie Stehroller (Segway), Smartwheels, E-Skateboard oder Solowheels (Einräder) angeboten, die, mit Ausnahme des Segways, nicht auf öffentlichen Strassen zugelassen sind. Die Zunahme verschiedenster, elektrisch betriebener Fahrzeuge führt zwangsläufig zu Konflikten und Diskussionen über die verfügbaren Verkehrsflächen, über Einstufung in die entsprechende Fahrzeugkategorie, über die Zulassung und die Fahrberechtigungen. Das Bundesamt für Strassen (Astra) hat zur Klärung dieser Fragen einen runden Tisch einberufen. Gegenstand dieser aktuellen Diskussion ist unter anderem auch die Frage, ob schnelle E-Bikes auf Radwege oder auf die Strasse gehören.

Zu Frage 6: Gibt es eine Erhebung über die Zunahme von durch E-Bikes verursachten Unfällen?

Das Astra erstellt jährliche eine Unfallstatistik (s. insbesondere S. 21 und 22). Zahlreiche Studien belegen unter anderem, dass es sich bei vielen Velo- und E-Bike-Unfällen um Selbstunfälle handelt. Die Zunahme von E-Bike-Unfällen geht einher mit den steigenden Verkaufszahlen von E-Bikes.

Zu Frage 7: Gibt es eine Zusammenstellung der wichtigsten Vorschriften über die Zulassung und den Betrieb von E-Bikes?

Das Astra stellt ein Merkblatt zur Verfügung. Darin finden sich die wichtigsten Vorschriften und weitere nützliche Informationen. Informationen dazu gibt auch der erwähnte Ratgeber des TCS.

Zu Frage 8: In der öffentlichen Wahrnehmung findet eine gewisse Verrohung auf der Strasse statt, die gegenseitige Toleranz sinkt und Übertretungen nehmen zu. Ist diese Wahrnehmung belegbar?

Statistisch lässt sich diese Wahrnehmung kaum belegen. Die Zahl der ausgestellten Ordnungsbussen schwankt immer etwas, verläuft aber insgesamt relativ flach. Ein Grund der angesprochen subjektiv wahrgenommenen Verrohung auf der Strasse hat sicher verschieden Ursachen. Auf verschiedenen Kanälen – etwa über soziale Medien ­– wird über einzelne Ereignisse umgehend, teils auch skandalisiert, berichtet. Ebenso spielt die zunehmende Verkehrsdichte eine Rolle und die Teilnahme von verschiedensten Verkehrsträgern auf einer nicht in gleichem Masse wachsenden Verkehrsfläche kann zu einem Engegefühl führen.

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